Pilgern mit Pfarrer Schultheiß

Seit einem Jahrzehnt boomt das Pilgern. Gemeinschaft, Bewegung, Natur, Kultur und Spiritualität können hier ganz intensiv erlebt werden. Für viele Menschen eine Möglichkeit, um aus den Alltag auszusteigen und Abstand zu bekommen. Pfarrer Schultheiß lädt deshalb jedes Jahr zum Pilgern ein. Aber was ist das überhaupt „Pilgern“?

Pilgern ist ein spirituelles Wandern. Wer pilgert, der macht sich auf den Weg zu sich selbst, zu seinen Mitmenschen und zu Gott. Pilgern heißt sich aus dem Alltagsstress auszuklinken und sich Zeit für Körper und Seele zu nehmen. Und natürlich soll auch die Gemeinschaft mit den Mitpilgernden nicht zu kurz kommen.


Reisebericht

Ein warmer Wind durchdrang die Heideblüte. Die 13-köpfige Gruppe der Tölzer evangelischen Kirchengemeinde pilgerte in diesem Jahr im Naturschutzgebiet in der Lüneburger Heide auf dem Heidschnuckenweg. Der Weg begann in Buchholz und endete in Soltau.

Das erste Tagesziel nach 15 km Fußmarsch war Handeloh. Hier fuhren wir mit dem Heideshuttle von Handeloh nach Undeloh und übernachteten dort in einem schönen Landhaus. Wir waren erschöpft nach diesem Tag, die Hitze und der Rucksack machte den meisten dann doch etwas zu schaffen.

Nach einer geruhsamen Nacht und einem tollen Frühstück gab es zum Tagesstart immer einen Morgenimpuls mit Gebet, Gesang und inspirierenden Worten. Hier sahen wir die St. Magdalenen-Kirche aus dem 13. Jahrhundert. Ein beeindruckender Bau.

An diesem zweiten Tag liefen wir von Handeloh nach Undeloh, das waren 17 km. Eine längere Mittagspause am See erfrischte manchen Badenden und schenkte neue Kraft für den weiteren Weg. Den Wald mit allen Sinnen wahrnehmen, das wurde uns hier heute ganz bewusst. Das war sehr entspannend. An den Bäumen war immer wieder das „H“ für den Heidschnuckenweg zu sehen oder ein „X“, welches das Zeichen für den Europäischen Wanderweg darstellt. Dieser ist 6.000 km lang und führt vom Nordkap bis Salerno.

Ein Lunchpaket, eine gefüllte Wasserflasche und viele Pflaster jeglicher Art waren an diesen Tagen das Wichtigste im Rucksack. Zwei Personen mussten am 2. Tag ihre Füße erholen. Ansonsten konnte jeder mitlaufen.

Nach einem Gewitter in der Nacht und heftigem Regen in der Früh konnten wir bei leichtem Nieselregen am dritten Tag von Undeloh starten. Die 14 km führten uns nach Niederhaverbeck. Wer wollte, konnte von dort aus noch eine weitere Runde von 3 km machen und im „Totengrund“ laufen. Es ist ein Tal, südöstlich von Wilsede. Von hier aus hat man einen besonders schönen Blick auf das Blütenmeer. Woher der Name kommt, da gibt es unterschiedliche Theorien, ob es an der „toten“ Landschaft liegt, in der es kein Wasser gibt, das weiß man nicht genau. Hier wächst übrigens auch der Buchweizen, er ist verwandt mit dem Rhabarber, hat rote Stengel und weiß-rosa Blüten.

An diesem Tag fiel das Laufen leichter, denn es war nicht so heiß. Heute begegneten wir erstmalig einer Heidschnuckenherde, diese bestand aus 600 Schafen. Die Heidschnucke stammt übrigens aus Korsika, die älteren Tiere haben ein weißeres Fell. Heute gab es nochmals eine Steigerung der Schönheit der Heide zu sehen, einfach traumhaft. Die Heideblüte ist dieses Jahr so schön wie lange nicht, so die Info der Einheimischen. Sie blüht in jedem Jahr unterschiedlich. Zwischendurch sieht man kahle Stellen. Hier wird die Heide kontrolliert abgebrannt, damit die Pflanzen nicht zu alt werden.

Täglich freute man sich nach dem Tag auf die wohltuende Dusche und ein leckeres Abendessen beendete den gemeinsamen Tag.

Nach einer kurzen Morgenandacht und Morgengymnastik liefen wir am vierten Tag 17 km von Niederhaverbeck nach Bispingen. An einem See verbrachten wir unsere Mittagspause. Das dort befindliche Café hatte leider zu und so liefen dir zu dritt zurück zu einem Campingplatz und machten es uns dort gemütlich. Nach Erreichen des Tagesziels fanden wir uns kurz in der „Alten Antoniuskirche“ ein und bezogen dann unser Quartier.

Jetzt ist man wirklich gut eingelaufen und könnte so weiter machen. Aller Anfang ist teilweise schwer. Die paar vorhandenen Problemchen mit Füßen, Knien oder Rücken verschwinden im Hintergrund.

Der fünfte und letzte Pilgertag bestand aus 6 km. Das Ziel war die „Eine-Welt-Kirche“ in Schneverdingen, die einen Altar aus verschiedenen Erden aus der ganzen Welt hat. Sehr interessant. Die Pilgergruppe bestieg zum Teil am frühen Nachmittag wieder den Zug in die Heimat.

Trotz aller Anstrengung ist das Pilgern eine Wohltat für Körper, Geist und Seele. Es war ein wunderschönes Zusamme

nsein und eine tolle Erfahrung, die man nicht mehr missen möchte.

Petra Joos

Reisebericht

Eine der letzten Reisen führte über den Jakobsweg von Crailsheim nach Ulm auf den Spuren des malenden Pfarrers Sieger Köder. Bilder davon gibt es in unserer Gallery. Hier ein Reisebericht von

Aus allen Richtungen führen Jakobswege zum Grab des Apostels Jakobus in Santiago de Campostella in Spanien. Auf die Frage, wo der Jakobsweg beginnt, hört man in Spanien: „Der Weg beginnt vor Deinem Haus“.

Unser Weg mit Pfarrer Schultheiß begann frühmorgens am Tölzer Bahnhof mit Auto-/Bahnfahrt nach Crailsheim, wo wir sechs weitere Pilgerinnen und Pilger aus Mainfranken trafen. Nach herzlicher Begrüßung und versehen mit dem Pilgersegen machten wir uns beherzten Schrittes auf den vor uns liegenden Abschnitt des fränkisch-schwäbischen Jakobsweges zwischen Crailsheim und Ulm. Ein kleines Emailschild  – weiße Jakobsmuschel auf blauem Grund – war fortan unser Wegweiser.

Das Ziel unseres Weges konnte nicht Santiago sein – zu weit – und auch nicht Ulm. Unser Ziel war der Weg. Dieser Weg führte uns zunächst durch das Hohenloher Land, danach in die Ostalbregion. Wir querten das Kochertal, folgten ein Stück dem Limes und bewältigten schließlich den steilen Anstieg auf die schwäbische Alb. Wir durchquerten kleine Ortschaften, sangen unsere Lieder in den Jakobskirchen und –kapellen am Wege. Das Pilgermotto „Der Weg ist das Ziel“ erschloss sich uns mit jedem Schritt. Da war die Freude am Gehen morgens nach erholsamem Schlaf, die Freude am weiten Blick über die liebliche, leicht hügelige Landschaft der Ostalbregion, der Genuss der Stille, wenn wir schweigend wanderten, da war auch gegen Abend die Mühsal des Pilgerns, wenn Beine und Rücken schmerzten. Das aufmunternde Gespräch mit den Weggenossen half dann bis die Herberge erreicht war und man unendlich erleichtert Rucksack und Stiefel abgelegen konnte

Zu den wichtigen Erfahrungen, die uns der Pilgerweg bescherte gehörten außergewöhnliche Begegnungen. Da erlebten wir bei einem heftigen Gewitter den nahen Blitzschlag in einen Baum, dessen zerfetzter Stamm dann auf unserem Weg lag. Da trafen wir auf eine „Jakobs-begeisterte“, eine von Energie und Ideen strotzende junge Frau, die einen wunderschönen Jakobspavillon hatte erbauen lassen und nun ein altes Gehöft daneben, die Klotzhöfe, zu einer Pilgerherberge gestaltet. Da begegneten wir in seinen zahlreichen Kunstwerken dem Maler-Pfarrer Sieger Köder. Er bezeichnet sich selbst als einen „Prediger in Bildern“. Besonders beeindruckt haben uns der großartige Flügelaltar in seiner der Kirche zu Rosenberg, die wunderschönen Glasfenstern in der Kirche und die gemalte Jakobuslegende am Jakobushaus in Hohenberg. Schließlich – und das ist eine der besonderen Erfahrungen des Weges – begegnet der Pilger sich selbst

Den letzten Tag verbrachten wir in Ulm. Befreit nun von Gepäck und schweren Schuhen genossen wir eine Führung durch das Münster und das Fischerviertel sowie eine letzte gemeinsame Mahlzeit. Alle fühlten sich reich beschenkt.