Gedanken über den Kirchturm hinaus

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Trau dich!

Der erste Sprung ganz oben vom Turm im Bad! Den vergisst man nie mehr. Schon lange hatte sich Theo diesen Sprung vorgenommen, immer wieder schaute er hoch zum Turm und hat die anderen bewundert. Dann ist er endlich da, der perfekte Tag. Dennoch sind da immer noch die Zweifel: soll ich vielleicht doch noch warten? Soll ich überhaupt springen? Werde ich mich blamieren? Wird es weh tun? Hin- und hergerissen geht Theo zum Turm und besteigt lässig die Leiter, so als ob er das schon tausendmal gemacht hätte. Der Blick herunter ist beeindruckender als gedacht, richtig furchterregend. Aber jetzt gibt es kein zurück mehr. Das Herz klopft wie wild. Die Beine sind schwer wie Blei. Dennoch schaffen sie es irgendwie über die Kante hinaus und schon ist Theo im Wasser. Das Eintauchen ins Wasser hat nicht einmal weh getan. Geschafft!

Theo hat den Sprung ins kalte Wasser einfach mal gemacht. Toll, denke ich mir, davon können wir Erwachsene uns manchmal eine Scheibe abschneiden. Wie oft eiern wir herum, problematisieren die Situation und kommen am Ende nicht vom Fleck. Mut kann man leider nicht kaufen, aber leben. Die Brautpaare, die jetzt den Bund für die Ehe eingehen, zeigen es mir immer wieder. Sie wissen nicht, ob alles so kommt, wie sie es sich erträumen, aber sie gehen diesen alles verändernden Schritt dennoch. Manchmal muss man etwas riskieren, um etwas zu gewinnen. Genauso ist es bei jeder Taufe, bei jedem Kircheneintritt, bei jedem Gottesdienstbesuch. Trotz Rekordaustrittszahlen, bekommen wir Pfarrerinnen und Pfarrer fast jeden Tag auch unglaublich viel Zuspruch für uns und Kirche. Wissen vielleicht manche Menschen gar nicht mehr wie Kirche wirklich ist? Prägen mittlerweile manch schwarze Schafe so sehr unser aller Kirchenbild, dass wir das Kinde mit dem Bad ausschütten? Müsste man sich einfach mal trauen wie Theo?