Predigt für den 1.11.2020

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Gnade sei mit euch und Friede, von Gott, unserem Vater, und unserem Herrn, Jesus, dem  Christus.

„Don’t  worry, be happy“, so sang Bobby Mc. Ferrin. “Mach dir keine

Sorgen. Sei glücklich.” Ja, so sang der hoch begabte Jazzsänger aus Amerika, der Honorarprofessor, der auch Flöte, Klarinette und Klavier beherrschte.“ Dont’t  worry, be happy“ es war der  song of the year 1988.

Und seitdem dieser Song ins Internet gestellt  wurde, wurde er in den Jahren 187.822.395 mal aufgerufen.

Woher diese schon unheimlich wirkende Akzeptanz ?

Ich denke, Bobby Mc. Ferrin hat damit eine ganz zentrale Seite im Leben der Menschen angesprochen.  Sorgen. Wer kennt sie nicht?! Egal

welches Alter.

Das Kleinkind, der Jugendliche, Menschen in der Mitte des Lebens. Und der altgewordene Mensch, der das Ende des Lebens auf sich zukommen sieht.

Das bedrückende Gefühl innerer Unruhe und Angst, das durch eine unangenehme, schwierige Lage hervorgerufen wird, mit der jemand belastet ist, oder die jemand in der Zukunft befürchten muss.

Im Umfeld von Sorge sprechen wir auch von Unruhe, Kummer, Besorgnis, Furcht, Gefahr.

Und das gilt grundsätzlich für jeden Menschen auf dieser Erde.

Wer ist davon ausgenommen? Keiner.

Mach dir keine Sorgen. Sei glücklich. –  Ja, wenn das nur so einfach wäre, sorglos, ohne Sorgen zu leben.

Bobby Mc. Ferrin trifft mit seinem Lied wohl auf eine große Sehnsucht der Menschen,  aber… ja, aber,  er gibt keine Begründung dafür an, wie man sorglos leben könnte.

Mit „sorgen“, liebe Gemeinde bezeichnen wir nun allerdings zweierlei:

Einmal: sich Sorgen um etwas machen, besorgt und voller Sorge sein,

aber auch, im guten Sinne, etwas umsorgen, sorgfältig , sorgsam sein,

die Vorsorge, die Fürsorge, die Unterstützung und Hilfe jemandem zuteilwerden lassen.

Wie auch immer, Das Sorgen ist Teil unseres Lebens. Dass das Leben einerseits angefochten, gefährdet ist, und andererseits, dass wir gefordert sind, für jemanden oder etwas Sorge zu tragen, es gehört

zu unserem Leben. Schon längst vor Covid 19. Und jetzt natürlich

erst recht.

Es ist keine Erfindung der Neuzeit oder des 21. Jhdts.

So setzt sich auch Jesus damit auseinander. Wie umgehen damit?

Ich stelle mir vor, wie er auf dem Hang nördlich des Sees Genezareth

umgeben ist von Menschen, die große Stücke auf ihn zählen, etwas hören wollen von ihm, was ihnen gut tut, ihnen bei der Lebensgestaltung

helfen könnte.

Aus der sogenannten „Bergpredigt“, wie sie bei Matthäus

aufgezeichnet ist, haben wir vorher in der Evangeliums-Lesung

aus dem 6. Kapitel die Verse 25 – 34 gehört, die beginnen mit den Worten:

„Ich sage euch. Macht euch keine Sorgen um euer Leben“ und die enden mit den Worten:

„Sorgt nicht für den kommenden Tag. Es ist genug, dass jeder Tag seine eigene Mühe hat.“

Und dazwischen der Hinweis auf die unbeschwerten Vögel, die nicht säen, die nicht ernten, und dennoch ihr Auskommen haben. Gott sorgt

für sie.

Und dann der Hinweis auf die Lilien, die nichts tun als wachsen, und dennoch so unendlich schön sind. Gott will es so.

Darum: Verzehrt euch nicht in der Sorge:

Was essen? Was trinken? Was anziehen?

Um all das kreisen die Gedanken der Leute, die von Gott nichts wissen.

Setzt euch ein  für Gottes Reich und für die Gerechtigkeit, die er will.

Das Übrige wird euch zufallen.“

Sorgt euch nicht. – Mein Gott. Wenn es nur so einfach wäre.

Es gibt unendlich viele Menschen, die allen Grund zur Sorge haben.

Damals, zur Zeit Jesu, und heute, im 21. Jhdt. rund um die Welt.

Auf unserer Erde:79,5 MIll. Flüchtlinge- wegen Krieg. Konflikten,                                          Verfolgungen.

Massengrab Mittelmeer: 12.748 Tote

Hunger: Weltweit   820 Millionen

Jeden Tag sterben 24.000  Menschen an Hunger.                                     

In dieser  ¾ Stunde Gottesdienst 750 Menschen an Hunger gestorben.

Kriege weltweit:  Syrien, Afghanistan, Südjemen, Irak, Nigeria, Saudi-Arabien.

Womit sollen wir uns kleiden? Wo sollen wir wohnen? Wie kann ich meinem Kind Geborgenheit geben? Woher sollen wir Medikamente

bekommen? Wie sollen wir sie zahlen? Was sollen wir essen?

Was sollen wir trinken? Woher können wir Wasser bekommen?

So klingt der Schrei um die Welt.  Ob wir ihn hören?

Die Schere zwischen arm und reich geht immer weiter auseinander.

Bereiten uns solche Dinge jedoch ernsthaft Sorgen?

Sorgt nicht. Das Wort Jesu steht im Raum. Wichtig, dass wir es recht und in seinem Sinne verstehen. Er wäre der Letzte, der uns raten würde:

Verschließt eure Augen vor den Sorgen, vor der Not der anderen.

Das wichtigste Gebot- so seine Auskunft damals an die Schriftgelehrten:

Du sollst Gott, deinen Herrn, lieben, und deine Nächsten wie dich selbst. Seine Botschaft in diesem Zusammenhang:

Sorgt euch um die, denen das Nötigste  zu einem menschenwürdigen Leben fehlt.

Es geht Jesus um grundlegend Anderes, Tieferes.

Er sieht, damals schon, den Menschen vor sich, der um sich selbst kreist, sich geradezu krankhaft um sein Leben kümmert, sich Sorge um seine Zukunft macht, und Vorläufiges zur Hauptsache erklärt. Der nicht damit rechnet, dass alles ein Ende nehmen wird. So tut, als gäbe es ein solches Ende nicht. – So wie der Bauer, der immer größere Scheunen baut, und dann plötzlich stirbt. Du Narr! So Gottes Urteil über diesen.

Um Leib und Leben muss man sich sorgen. Das ist ganz natürlich:

Essen / Trinken / Kleidung / Arbeiten – das gehört zum Leben dazu. Es sind unsere Essentials.  Ein feines Essen, vielleicht ein Glas Rotwein,

oder ein Bier dazu, je nachdem, die Wanderung in den bayrischen Bergen. All das ist ja wunderschön. Nur. Es sind vorletzte Dinge.

Es wäre fatal, meint Jesus, dies alles zur Hauptsache zu erklären. Man hat fast den Eindruck, bei immer größerer materiellen Zufriedenheit

macht sich Unzufriedenheit breit, bei immer mehr planerischer Lebensgewissheit wächst die Angst vor morgen. Bei aller Sorge um das Leben- wir haben nicht alles in der Hand. Bei aller Vorsorge, bei Versicherungen  aller Art, Bausparverträgen für die Alterssicherung. Es bleibt ein Rest an Unsicherheit.

Gelingendes Leben ist viel mehr. Es konkretisiert sich in der Art und Weise, wie wir miteinander umgehen, in unserem Umgang mit den Herausforderungen unseres Lebens , mit der Schöpfung.

Gelassenheit und Verantwortungsbewusstsein ergänzen sich, um nicht zerstörerischer  Sorge anheimzufallen.

Leben ist mehr. Darauf weist Jesus hin. Es gibt eine fundamentale Gewissheit des Lebens, die nicht von vorletzten Dingen, sondern von Gott her als gesichert gilt.

In dem Wort Jesu „Sorgt nicht“ steckt die Einladung: „Ihr braucht nicht zu sorgen. Ihr seid, wie ihr seid, dem Herrn des Lebens anvertraut. Eure Sorge kann sich- Schritt für Schritt- in Vertrauen wandeln.“

An uns liegt es, ihm zu vertrauen. Habt Vertrauen. Habt Zuversicht.

Sorgt nicht.

So zeigt Jesus uns einen Weg zu ernsthafter und froher Gelassenheit,

die uns weise das Leben führen lässt.

Solche Gelassenheit , Zuversicht und Lebensbejahung vermitteln uns zum Beispiel

Wolfgang Borchert (gest. mit 27 Jahren) :

„Was morgen ist“, sagt er „auch wenn es Sorge ist, ich sage JA“.

Oder Dag Hammerskjöld, der ehemalige hochgeschätzte Generalsekretär der Vereinten Nationen :  „Für alles was war: DANKE. Zu allem, was sein wird: JA.“

Amen.

Ludwig Scherer, Pfarrer

Gottesdienst am 25.10.2020

Vaterunser-Kirche München