Predigt für den Leonhardi-Tag

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Nicht nur Ostern und Pfingsten, auch Leonhardi ist in diesem Jahr Corona-bedingt ausgefallen. Immerhin haben sich einige Fuhrleute dann doch auf den Weg hoch zum Kalvarienberg gemacht.

Aber verglichen mit der üblichen Wallfahrt mit 80 Wägen und bis zu 20.000 Besuchern, war das in diesem Jahr keine große Schau. Wenigstens gab es für die, die gekommen waren einen Segen. Aber keine Predigt. Das könnte man nachholen, dachte ich mir. Deshalb gibt es heute eine Leonhardi-Predigt.

Gleich vorweg, ich bin kein Leonhardi-Experte. Aber immerhin komme ich vom Bauernhof und da war neben Rindern, Kühen, Schweinen, Gänsen, Hühnern, Katzen, Hund und Schaf auch ein Haflinger zuhause. Und beim Leonhardi-Ritt in Oberbuchen, wo anders als in Tölz auch die Frauen mitreiten dürfen, war auch meine Tochter schon zweimal mit dabei. Dennoch werde ich jetzt nicht mit interessanten Details zur Leonhardi-Wallfahrt dienen können. Dafür war ich schon am Grab des Heiligen Leonhard und das können wohl nur sehr wenige im Tölzer Land von sich behaupten.

Allerdings muss ich gestehen, dass mir damals als Chorknabe gar nicht bewusst war, an wesen Grab ich da eigentlich singe. Im französischen Noblat im Departement Limoges, wo Leonhard begraben liegt, gibt es gar keine Wallfahrt und auch sonst keine nennenswerte Heiligenverehrung. Hier zeigt sich wie so oft: im eigenen Land gilt ein Propheten nicht so viel und offenbar auch nicht ein Heiliger.

Leonhard von Noblat oder Limoges ist v.a. in Altbayern und Tirol ein Heiliger aus der ersten Reihe. Hier zählt er zu den 14 Nothelfern, die ja nicht immer die gleichen 14 Gesellen sind, sondern je nach Region ein bisschen anders zusammengesetzt werden.

Leonhard wurden zahlreiche Kapellen und Kirchen gewidmet, woran man sieht wie beliebt dieser Heilige ist. Am beliebtesten aber dürfte Leonhard bei den Kindern sein. Immerhin beschert er allen Kindern Im Tölzer Land einen schulfreien Tag. Die Begeisterung darüber hält freilich nur solange an, bis die Kinder merken, dass dieser Tag dann ja doch meist an einem Samstag nachgeholt werden muss.

Richtig verblüfft sind die Kinder aus dem Tölzer Land, wenn sie eines Tages merken, dass im Rest von Deutschland der 6. November ein ganz normaler Tag ist: Kein Aufmarsch am Todestag des Hl. Leonhard und nicht einmal schulfrei.

Denn hier ist Leonhardi gleich nach Weihnachten und Ostern ein ganz großer Festtag. Tagelang werden die Wägen festlich geschmückt. Am Festtag putzen sich dann auch noch Ross und Reiter heraus und dann geht es los, ganz egal ob die Sonne scheint und ein warmer Föhn weht oder ob es bei annähernd Null Grad den ganzen Tag durchregnet. Es ist ohne Frage nicht nur eine Schau, wenn die Wallfahrer durch die Stadt ziehen, es ist auch eine in unserer Zeit selten gewordene beeindruckende Demonstration des Glaubens.

Wer war jetzt dieser Leonhard, dem wir dieses immaterielle Kulturgut zu verdanken haben? Das Heiligenlexikon sagt uns, dass Leonhard gar kein Bayer war, sondern ein Franke. Das finde ich als Landsmann natürlich grandios. Wo genau Leonhard geboren wurde, ist unklar. Jedenfalls lebte er im 6. Jahrhundert im Westteil des Frankenreichs, was heute Frankreich ist.

Die Lebensgeschichte von Leonhard ist in vielem legendär. Sicher ist, dass Leonhard ein großes Herz für Gefangene hatte. Er besuchte sie und trat als Fürsprecher für sie bis hin zum König auf. Sein Wirken war offenbar so beeindrucken, dass man den am Königshof unterrichteten Leonhard zum Bischof machen wollte. Das wollte Leonhard jedoch nicht. Er bevorzugte ein zurückgezogenes Leben als Einsiedler im Wald von Limoges.

Laut Legende verirrte sich eines Tages in diesem Wald die hochschwangere Königin. Leonhard kam ihr zur Hilfe und rette Königin und Kind. Zum Dank wollte der König Leonhard reich belohnen, doch er lehnte ab. Stattdessen erbat sich Leonhard nur so viel Waldfläche wie er in einer Nacht mit seinem Esel umreiten konnte. Auf dem geschenkten Gebiet gründete Leonhard anschließend ein Kloster.

So wird Leonhard auch heute noch als Mönch in der schwarzen Kutte der Benediktiner abgebildet. Zum Attribut des Heiligen wurde eine Kette. Sie steht für seinen Einsatz für die Gefangenen. Mit ihnen wollte schon damals niemand zu tun haben. Leonhard dagegen scheute sich nicht. So erfüllte er das biblische Werk der Barmherzigkeit.

Laut Legende sollen allein durch das Gebet Leonhards und nach seinem Tod durch seine Anrufung die Ketten zahlreicher Gefangener zersprungen sein.

Eine Frage bleibt jetzt noch offen: warum ist die große Pferdewallfahrt ausgerechnet an Leonhardi? Was hat der Hl. Leonhard mit Pferden zu tun gehabt? Die Legende gibt uns da keine Anhaltspunkte. Vermutlich war es allein das Datum nach der Ernte und vor dem ersten Schnee, das sich für eine große Pferdewallfahrt anbot.

Schelmische Zungen behaupten, dass die Bayern einfach nicht wussten, dass die Kette des Hl. Leonhard ein Zeichen dafür ist, dass er sich für die Gefangen eingesetzt hat. So habe man die Kette für eine Viehkette gehalten und Leonhard in Verbindung mit den Pferden gebracht.

Wie auch immer. Der Kettenheilige wurde nicht nur zum Schutzpatron der Gefangenen und Schwangeren, sondern auch der Bauern, Stallknechten, und Fuhrmannsleuten.

Am meisten verehrt wird Leonhard im Tölzer Land. Seit 1718 gibt es für ihn eine Wallfahrt in Bad Tölz. Bekanntlich die größte Leonhardi-Wallfahrt überhaupt.

Für die einen ist Leonhardi jedes Jahr ein Grund nach Tölz zu kommen, egal von wo. Andere meiden an diesem Tag lieber die Stadt. So oder so, entkommt niemand ganz dem Hl. Leonhard. Und das ist gut so. Denn sein Lebenswerk ist auch heute noch wichtig.

Leonhard besuchte die Gefangen. Egal, was ein Mensch angestellt hat. Jeder ist und bleibt ein Kind Gottes. Das brachte er zum Ausdruck. Jeder war ihm wichtig. Keinen hat er einfach abgeschrieben. Diese Haltung ist bewundernswert und darf auch heute noch reichlich nachgeahmt werden.

Ob Leonhard jemals auf einem Pferd geritten ist, ist unbekannt. In der Legende ist nur von einem Esel die Rede. Vielleicht folgte der Heilige auch hier Jesus nach, der bekanntlich ganz bewusst nicht hoch zu Ross, sondern demütig auf einem Esel in Jerusalem einzog.

Wenn es also vielleicht auch gar keinen Bezug zum Heiligen gibt, ist es dennoch gut, dass an Leonhardi auch die Tiere im Mittelpunkt stehen. Sie brauchen einen starken Fürsprecher. Unsere Haustiere haben meist ein sehr schönes Leben. Aber viele Nutztiere leben ein Leben, das mehr vom Nutzen für uns Menschen bestimmt ist und weniger vom Tierwohl. Und den Wildtieren wird immer mehr ihre Lebensgrundlage entzogen.

Es ist wichtig, dass wir Menschen wenigstens einmal im Jahr über unseren Tellerrand hinausschauen und die Tiere in den Mittelpunkt stellen.

Tiere zu segnen ist freilich ganz untypisch für die evangelische Theologie. Ein Segensspruch ist ja keine magische Handlung, die von allein wirkt, sondern wird erst durch die Aufnahme des Gläubigen fruchtbar. Anderseits ist so eine Leonhardi-Wallfahrt für Pferde bestimmt nicht nur Stress. Auch wenn die Pferde mit den Segensworten des Pfarrers sicherlich nichts anfangen können, spüren sie an diesem Tag vielleicht doch, dass sie gesegnet sind. Schon früh wird ihnen die Mähne kunstvoll geflochten und am Ende des langen Tages gibt es – nach freilich harter Arbeit – eine extra Portion Hafer im heimischen Stall.

Ich glaube der Heilige Leonhard hat nichts dagegen, dass die Tiere ihm an seinem großen Tag ein bisschen die Schau stehlen. Er wollte nicht Bischof werden. Er wollte sich schon zu Lebzeiten nicht in den Mittelpunkt stellen. Ich hoffe er verzeiht es mir, dass er heute dann doch zum Thema meiner Predigt geworden ist.

FÜRBITTEN:

Wir bringen vor dich, Gott, die Covid19-Erkrankten,

aber auch alle, denen die Pandemie die Lebensgrundlage bedroht,

wir bringen vor dich unsere Politiker und alle, die sich um unser Wohl kümmern.

Wir bringen vor dich alle die für unsere Gesundheit arbeiten.

Wir bringen vor dich die Opfer der islamistischen Terrorakte und ihre Angehörigen,

Wir bringen vor dich unsere jüdischen Mitbürger, die einfach nur in Frieden wie wir alle ihr Leben leben wollen.

Wir bringen vor dich die gespaltenen Staaten von Amerika,

auf dass der Präsident das Land versöhnen kann

auf dass die Menschen sich auf die Werte ihrer Verfassung erinnern,

auf dass die demokratischen Kräfte sich nicht von Lug und Trug übertölpeln lassen

Wir bringen vor dich unser Klima, das nicht geduldig auf uns Menschen wartet,

sondern sich stetig erhitzt, auch wenn die Tage kälter werden.

Auf dass wir bei all unserem Tun und Lassen die Umwelt im Blick behalten.

Wir bringen vor dich unser Land unsere Gemeinde, unsere Familien,

wir bitten für alle, die uns nahe stehen, für unsere Nachbarn und Freunde.

Wir bitten für unsere Verstorbenen. Halt sie fest in deinen Armen und schenke Frieden auch ihren Lieben.