Schau hin, auch wenn es weh tut!

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Passionszeit heißt Leidenszeit. In diesem Jahr fällt es nicht schwer das Leiden zu konkretisieren. Die ganze Welt leidet mit den Menschen in der Ukraine. Jeden Tag sterben Menschen dort in einem völlig sinnlosen und überflüssigen Krieg. Sinnlos und überflüssig, das gilt natürlich für jeden Krieg. Mühevoll aufgebaute Straßen, Kraftwerke, Krankenhäuser, Kommunikationseinrichtungen und natürlich Wohnhäuser werden Tag für Tag und auch in den Nächten zerstört. Menschen harren in Kellern und Millionen sind geflohen.

Wir alle hoffen auf ein baldiges Ende der Kämpfe. Aber es schaut nicht danach aus. Putin ist wildentschlossen die Ukraine – wie wir sie bisher kannten – zu vernichten. Die Ukrainer wiederum wollen ihre Heimat, ihre Freiheit, ihre Demokratie verteidigen. Eigentlich haben sie gegen das russische Militär keine Chance, aber die wollen sie nutzen. Das macht doch keinen Sinn, denke ich mir manchmal. Aber was passiert, wenn man aggressiven Diktatoren keinen Widerstand leistet, sollten wir in Deutschland am besten wissen. Es geht eben nicht nur um die Ukraine.

Schon jetzt sind die Auswirkungen des Krieges in unserem Nach-Nachbarland dramatisch. Auch bei uns. Deutschland schickt Waffen, der Militäretat wird massiv erhöht, die Wiedereinführung der Militärpflicht wird ernsthaft diskutiert. Putin hat die ganze Welt zurück in die Vergangenheit gebombt.

Das alles ist so schrecklich, dass es vielen zu viel ist. Wir wollen nichts mehr hören und sehen. Wir wollen ähnlich wie beim Thema Klimawandel einfach nur unsere Ruhe haben und unser Ding weitermachen. Sogar manche Kollegen schaffen es in diesen Tagen Gottesdienste zu feiern ohne den Krieg zu erwähnen.

Ich kann das verstehen. Manchmal hält man die eigene Ohnmacht nicht aus, möchte die Menschen nicht noch mehr herunterziehen. Dann verdrängt man besser statt krank zu werden.

Aber meistens schauen wir Menschen aus eigener Bequemlichkeit weg. Wir wollen uns nicht stören lassen, ganz egal ob jemand in der U-Bahn blöd angemacht wird oder ob wieder einmal irgendwo auf der Welt ein Diktator Amok läuft. Es geht uns ja nichts an. Wir können ja eh nichts tun. Es wird schon alles gut werden.

Aber da belügen wir uns natürlich selbst. In einem völlig unbekannten Lied von Dieter Stork heißt es:

Wenn du glaubst du kriegst die Kriege, diesen ganzen Dreck,

nur durch Reden, Singen, Träumen leicht und locker weg,

da irrst du sehr. Das geht so nicht,

wenn man vom Frieden nur träumt und spricht!

Wer rastet, wird ruhn. Den Frieden muss man tun!

Packen wirs an!

Aber wie soll man es anpacken? Sollen wir jetzt zur Waffe greifen? Das Herz sagt in diesen Tagen „ja“, der Verstand dagegen „auf gar keinen Fall“. Gewalt führt nur dazu, dass dieser Krieg noch weiter eskaliert. Nur Zuschauen ist auch keine Lösung. Aber ein erster Schritt.

In vielen Kirchen hängt ein Bild von der Kreuzigungsszene oder ein Kruzifix. Das Leid wurde ganz zentral in viele Kirchen gestellt, so dass wir nicht einfach wegschauen können. Oft sind wir abgestumpft, weil wir schon so oft die Kreuzigung gesehen haben. Manchmal betrachten wir irgendein Kunstwerk, achten auf die künstlerische Umsetzung ohne uns den eigentlichen Inhalt bewusst zu machen. Mit der Kreuzigung schauen wir auf schreckliches Leid. Das Leid ist unübersehbar. Denn das Leid muss gesehen werden. Auch wenn das Hinschauen allein schon wehtut. Nichts ist schlimmer, als wenn die Opfer nicht gesehen werden. Deshalb sollten wir hinschauen, oder wenn es zu viel ist, hinhören. Statt Fernseher zu schauen, kann man Radio hören, Zeitung lesen. Hauptsache wir denken nicht nur an uns, Hauptsache wir lassen uns vom Leid berühren, entwickeln Mitgefühl. Das ist es, was wir in dieser Passionszeit, die unter dem Motto „üben“ steht, einüben könnten.

Ich weiß, hinschauen kann gefährlich sein. Es kann Ängste auslösen. Wer dem U-Bahn-Schläger in die Augen schaut, riskiert selbst Opfer von Gewalt zu werden. Aber um den geht es ja auch nicht. Es geht um die Opfer, sie dürfen wir nicht aus dem Blick verlieren. Wenn wir von Putin angegriffen worden wären, dann würden wir uns doch nichts sehnlicher wünschen, als dass jemand hinschaut, uns sieht, uns nicht einfach die kalte Schulter zeigt und ignoriert.

Wenn es irgendwie geht, dann schau hin, gerade auch dann wenn die Kriegslügenpropaganda uns den Kopf verdrehen will.

Wenn du glaubst du kriegst das Böse, diesen ganzen Dreck,

nur durch Reden, Singen, Träumen leicht und locker weg,

da irrst du sehr. Das geht so nicht,

wenn man vom Guten nur träumt und spricht!

Wer rastet, wird ruhn. Das Gute muss man tun!

Packen wirs an!

Wer hingesehen hat, der sieht plötzlich einen Weg. Wir sind nicht ohnmächtig. Wir können etwas tun. Wir können beten, demonstrieren, spenden, russisch-stämmige Mitbürger aktivieren, Flüchtlinge aufnehmen und vieles mehr. Aber das kann man nur tun, wenn man hinschaut. Schauen wir hin!

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